SuperVision

Der Winter scheint ja tatsächlich auf dem Rückmarsch zu sein und damit rückt die kommende Segelsaison sogleich ein gefühltes Stückchen näher. Das heißt für uns natürlich die große, lange herbeigesehnte Fahrt. War bis vor ein paar Wochen alles noch schrecklich weit weg, wird jetzt langsam die Zeit knapp – die Psyche des Menschen bleibt doch letztlich immer wieder unverständlich 😉

Um die Planung und Vorbereitung für unseren Törn einer gewissen Überprüfung von aussen zu unterziehen, war ich letzte Woche in der ‘Bootswerft Schleswig’. Allerdings ging es dabei weder um die Elektrik noch um eine der anderen bootstechnischen Baustellen an Bord der ‘EigenArt’. Dass ich auf einer Werft zu Besuch war, lag einzig und allein an deren Betreiber: Bastian Hauck ist ein bekannter Ostsee-Segler und vor allem ein super-sympathischer Typ. Nachdem wir uns letztes Jahr im Vorbeisegeln auf der Schlei kennengelernt hatten, wollten wir uns eigentlich auf dem Ostseestammtisch im Herbst treffen. Das ging ja leider in die Pütz. Da kam mir die Idee, ihn in Schleswig zu besuchen, abends nett zu schnacken und tagsüber bei den anstehenden Arbeiten zu helfen.

Die Werft befindet sich auf einem ehemaligen Kasernengelände am Ufer der Schlei und ist in einer alten Kfz-Instandsetzungshalle untergebracht. Derzeit werden u.a. zwei GFK-Folkeboote einem General-Refit unterzogen, worüber das Segeln-Magazin in einer Serie mit dem Titel ‘Das doppelte Lottchen’ berichtet. Clou bei der Geschichte ist die Gegenüberstellung von Restaurierung durch den Eigner und durch eine Werft. Und: Ich durfte an dem ‘Werft’-Boot arbeiten! Klingt erstmal wie eine Anerkennung der Qualität meiner Arbeit – ich habe in Wirklichkeit aber nur ‘abgerissen’: Alle alten Winkellaminate für die Sperrholz-Einbauten habe ich mit Stechbeitel und Gummi-Hammer entfernt. Sehr schweißtreibend, gut das die Halle ungeheizt ist 😉 An einem der Tage kam dann auch noch der Redakteur von ‘Segeln’ zur Dokumentation des Fortschritts. Ich werde nun einer spontanen Eingebung folgend mein Metier wechseln: Ich werde Hand-Model! Ich bin nämlich in der nächsten Ausgabe des Magazins mit tollen (gestellten) Fotos beim Entkernen des Bootes zu sehen. Na ja, weniger ich – vielmehr meine Hände! (Die ich in ungewöhnliche Haltungen bringen musste, um meinen aufgerissenen und blutenden Daumen zu verstecken. Oder frei nach meiner Mutter: “Ungeschicktes Fleisch muss weg!”)

Natürlich ist die Werft das Zuhause von Bastians Folkeboot ‘Tadorna’, aber ein weiterer Bekannter aus der deutschen Segelszene hält ebenfalls hier Winterquartier: ‘Digger Hamburg‘ – die Vorlage für eine von der Werft vertriebene Tourenversion der Varianta 18. Und genau deshalb befand ich mich diese Woche nahe am Epizentrum eines Erdbebens für die Kleinkreuzer-Szene in Deutschland: Die Hanse-Gruppe kündigte am Donnerstag an, die Produktion der Varianta 18 einzustellen. Interessant, die hochschlagenden Wellen im Digger-Versum zu verfolgen und bei diesem Anlass auch einiges an Insider-Wissen zu bekommen! Gut, dass ich schweigen (und in mich hinein grinsen) kann.

Das menschlich interessanteste Erlebnis war allerdings ein Kundengespräch, das ich mit Bastian zusammen gemacht habe. Nach einem Schlaganfall körperlich stark beeinträchtigt, möchte besagter Kunde einen Teil seines ‘alten Lebens’ nicht einfach so abschreiben, sondern zurückerobern. So wurde er mit dem Bootsmannstuhl in sein Cockpit gehievt, um gemeinsam einen Plan zu schmieden, wie er in Zukunft erstens auf sein Boot und zweitens den steilen Niedergang herunterkommt. Da war natürlich Einfühlungsvermögen und praktisches Denken gefordert, weil zudem die Finanzen durchaus ein Thema für den Eigner sind. Ich glaube mir werden seine glücklichen Augen bei der Verabschiedung im Gedächtnis bleiben, als er sagt: “Das hat mir sehr viel Mut gemacht!”

Der Schlaf ist natürlich in diesen paar Tagen viel zu kurz gekommen. Einige Flens (plop!) mit guten Gesprächen, ein paar Akkorde auf der Gitarre, Streicheleinheiten mit Bordhund Jamaica und schon war es wieder deutlich nach Mitternacht. Und was die Überprüfung unserer Pläne und Vorbereitungen von aussen angeht: Es zeichnet sich zumindest ein klarerer Routen-Plan ab, mehr davon in der nächsten Zeit. Man muss ja nicht gleich alles verraten…

Ein Gedanke zu „SuperVision

  1. Annegret Stolzenberg

    Hallo D., ich habe den Film von Bastian gesehen. Toll! Aber tut mir bitte den Gefallen und macht keine Nachttouren mit halbstündigen Überprüfungen der Umgebung, die dann vor oder in einem anderen – natürlich etwas größeren Schiff enden. Wenn ihr sowas vorhabt, kenne ich mindestens 4 Personen, die nicht mehr ruhig schlafen können.
    Bis bald
    deine A.

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