Archiv der Kategorie: Baltic `14

Zwischenhoch und Zwischentief

Nach der Rast auf Anholt, wollen wir nun die Sicherheit des dänischen Festlands erreichen. Das Zwischenhoch ist uns gnädig und ein leichter Nordwind verspricht zauberhaft ruhiges Segeln – mitten im Kattegat! Auf dem Wege zum Zielhafen Grenå müssen wir jedoch einen Schlenker machen: Europas drittgrößter Offshore-Windpark mit über 100 Mühlen steht im Weg. Aus unserem Kartenmaterial geht hervor, dass das Gebiet gesperrt ist. Glücklicherweise hält sich der Umweg sehr in Grenzen. Aber Lini ist sich unsicher, wie viel Abstand sie halten soll. Denn die eingezeichneten Tonnen sind nicht auszumachen. Als wir das erste Rad in Luv haben, wird die Frage für uns eindeutig beantwortet mit: Deutlich mehr! Denn der Wind lässt derartig stark nach, dass wir überrascht sind. Ein wenig weiter weg ist der Effekt immer noch zu spüren, lässt uns aber nicht mehr regelrecht parken. Von ‚Shalom‘ hören wir später, dass mittlerweile nach der Vollendung der Anlage das Durchfahren erlaubt ist. Aber ihre Windsteuerung hat während der Passage vollkommen verrückt gespielt. Weiterlesen

Zwischendurch mal ‘Anholten’…

Von Donsö sehen wir auch an diesem Tag nichts, sei schon vorweg verraten. Obwohl uns Helene reichlich vor der Zeit weckt. Gegen halb sechs fegt noch immer der Wind über die Schären hinweg und singt ein Lied vom letzten Hafentag in Schweden. Doch ‚Knöpfchen‘ schlummert bei uns im Vorschiff wider Erwarten noch einmal weg. So beginnt der Tag erst um halb neun – und der Wind hat mittlerweile nachgelassen. Ich präsentiere prompt den Plan, schnell loszubinden und Kurs Anholt zu nehmen – immerhin rund 60 Seemeilen, übersetzt mindestens 10 Stunden. Denn für die nächsten Tage ist relativ schwacher Wind prognostiziert, der weite Schläge im Spätsommer fast unmöglich macht. Und langsam die schwedische Westküste runterzuhüpfen, dafür ist der Sommer erst recht zu fortgeschritten. Heute dagegen lautet die Vorhersage des DWD (eingeholt bei einem Stegnachbarn): Kattegat 5-6 Bft. abnehmend 3-4 Bft., West bis Südwest norddrehend, Welle 2m abnehmend 1m! Annehmbare Bedingungen für die ‚EigenArt‘.

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Auf dem Absprung

Hafenfäule beginnt bei uns spätestens am dritten Tag einzusetzen – sogar in unserem zweiten Zuhause Kloster auf Hiddensee war das so. Göteborg kann da trotz angenehmen Hafentagen nichts dran ändern. Und nach so langer Zeit in der Einöde wieder in einer Großstadt zu sein, ist schon ein merkwürdiges Gefühl – es lässt an das Törnende denken.  Jedenfalls haben wir am Donnerstag mit Helene im Tragetuch einen ausgedehnten Stadtbummel gemacht – ohne Kamera. Wir sind ja keine Städtetouristen! Der Seemann entfernt sich instinktiv auch in der Stadt nicht zu weit vom Wasser! Also sind wir entlang der Kanäle bzw. Wallgräben gewandert. Besonders gefallen hat uns das Stadtviertel Haga, das kleine Boutiquen, Cafés und ausgefallene Läden beherbergt. In einem indischen Restaurant haben wir gut und günstig zu Nachmittag gegessen – unbestreitbarer Vorteil einer Großstadt. Helene hat bei dieser Gelegenheit ihre Leidenschaft für Kichererbsen entdeckt. Von einer hochgelegenen ehemaligen Festung aus haben wir dann den Blick über die Stadt schweifen lassen. Auffällig ist das städtische Pendant zur Schärenlandschaft: Hier und da ragen einige Häuser oder gar ein Strassenzug steil aus der Umgebung heraus, da sie auf einem großen Granitbrocken errichtet wurden. Es gibt viele schön anzusehende ältere Häuser, wobei das Stadtbild insgesamt recht heterogen wirkt. Auf dem Spielplatz am Fuss des Festungsbergs hat Helene die Rutsche blank gewienert wie eine Große: Selbständig die Treppe wieder herausklettern!

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We Göt a Canal!

Das Phänomen scheint Landesgrenzen zu überschreiten: Spätestens um 10 Uhr am Morgen ist man allein im Hafen. Das ist auch an diesem Mittwoch in Karlsborg so – die Maxi namens ‚JoJo‘ (unser Spitzname für Helenes Cousin Jonathan) sind die letzen vor uns. Manchmal fühle ich mich, als würden wir irgendetwas nicht wissen und deshalb verpassen. Das ist glücklicherweise einfach abzuschütteln. Heute wartet zum Beispiel die letzte Aufwärtsschleuse in Forsvik auf uns. Und die wird nicht einfach so ‚zu‘ oder gar ‚weg‘ sein! Das bestätigt uns auch das derzeit meist verwendete Druckerzeugnis an Bord: Der ‚Göta Kanal Skipper-Guide‘. Also treibt uns nichts und wir geniessen unser ausgedehntes Frühstück – ist ja zumeist auch die einzige richtig ruhige Mahlzeit zu dritt. Kurz darauf dieseln Johanna und Jan auf ‚Atacama‘ am Steg vorbei, die sehr früh in Motala aufgebrochen waren. Wir tauschen uns während ihrer Vorbeifahrt kurz über die noch nicht gänzlich verarbeiteten Erlebnisse von gestern aus. Die sitzen tief.

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Ab-Vättern!

Die Schreckensgeschichten von Binnenseen und ihrer Unberechenbarkeit kennt wohl jeder Segler. Deshalb steht es Seeseglern auch schlecht an, auf die ‘Binnenschiffer’ herunter zu schauen. Können hier doch in Rekordzeit wirklich ungemütliche Situationen entstehen, die man auf See noch meiden kann. Ist uns alles bekannt. Ich habe schliesslich auf dem Starnberger See Segeln gelernt – und damals das optische Warnsystem am Ufer für gefährliche Fön- und Sturmwetterlagen immer im Auge gehabt. Einschüchtern lassen sollte man sich aber nicht – im Prinzip… Weiterlesen

Schwedische Gesellschaft

Nach dem Ablegen in Borensberg tuckern wir nur wenige Meter und sind bereits auf dem Borensee. Das Wetter spielt sehr gut mit, die Brise kommt zwar aus West, aber vorm Kreuzen ist uns ja nicht bang. Das Schöne daran: Man sieht wirklich etwas vom Revier, da man dicht an die Ufer heranfährt. So geht es hin. So geht es her. Auf einmal fühlt es sich aber irgendwie komisch an. Das kennt wohl jeder Bootseigner: Man entwickelt ein instinktives Gefühl für das Geschwindigkeitspotential und die Bewegungen des eigenen Bootes. Passen äußere Bedingungen und diese unbewusste Wahrnehmung nicht zusammen, wird man stutzig. So auch jetzt – wir sind zu langsam für den Wind. Während ich noch aufmerke, fängt die Pinne leicht an zu zittern: Wir haben uns wohl offensichtlich etwas eingefahren. Fischerfähnchen sind weit und breit keine, aber Büschel mit Kraut habe ich schon auf den letzten Kanalmetern gesehen. Also nehmen wir Fahrt raus, segeln sogar einige Meter rückwärts und siehe da – es läuft wieder. Weiterlesen

Bergwertung

Für 10.00 Uhr ist die Aufwärts-Schleusung laut Display angesetzt, doch schon 10 Minuten vorher dampfen zwei Motorboote in die Kammer und die Tore schliessen sich. Ich eile von Bord und frage den studentischen Schleusenwärter Andreas, ob wir vielleicht schnell noch hineinschlüpfen könnten. Er bejaht ausgesucht höflich und wir binden in aller Eile los. Dann beginnt der Schleusenmarathon, wobei Andreas sogar unsere Heckleinen bedient. Auf der Steuerbordseite der Kammer stehen dagegen zwei Matronen an den Vorleinen ihre Frau – ohne Handschuhe – während ihre Kerle locker entspannt an Bord rumhängen. Und nach insgesamt 11 Schleusen z.T. direkt hintereinander, wissen die beiden bestimmt, was sie geleistet haben. Zwei Kammern hinter uns setzt ‚Gas Pirate‘ zum Bergsprint an, die die Nacht auf dem Roxen vor Anker verbracht haben. Weiterlesen

Roxen – you don`t have to put on the red light!

Das erste Segeln unserer Kanalzeit erwartet uns. Auf dem See mit dem wohlklingenden Namen ‚Roxen‘. Phonetisch zumindest nah dran am Songtitel von ‘The Police’, finden wir. Er beginnt zwar recht schmal (der See, nicht der Song!), öffnet sich aber nach Westen hin, um in einem großen Becken zu enden. Zunächst gilt es jedoch noch eine Niveauschleuse und eine Eisenbahnbrücke zu passieren. Dann kurze Verwirrung ob der roten Tonne in der Seeausfahrt. Die liegt irgendwie seltsam nah an dem vermutlich flachen Bereich. Also einfach ganz nah und langsam passieren. Danach versuchen wir uns schon einmal im Segeln, geben jedoch wegen der in Richtung und Stärke sehr unbeständigen Winde wieder auf. Erst als der offenere Bereich des Sees beginnt, stoppen wir dank aufkommender Segelbrise das Grenzflächenmoped und gehen auf Kreuzkurs. Was bewundernde Blicke und vielleicht auch ein wenig Bedauern von Seiten der weniger wendigen ‚Gas Pirate(n)‘ hervorruft, die uns kurz vor einer Wende sehr dicht passieren. Wunderbares Segelwetter begleitet uns für den Nachmittag. Während die Kreuzschläge immer größer werden können, nimmt die Brise kontinuierlich ab, bis wir ziemlich in der Mitte des westlichen Beckens schliesslich parken. So mancher Nordrheinwestfale muss auf einem Baggerloch segeln gehen und die Kanalpassanten bügeln hier einfach so motorend durch ein 1a Revier. Weiterlesen

Canal est grande!

Am Donnerstag beginnt für uns dann so richtig die Kanalfahrt. Eine Kabellänge nach dem Ablegen allerdings sofort mit einer Unterbrechung: Wir photographieren vom Boot aus das zweiteilige Sprungbild (ist ja kein Standbild!) ‚Rabbit Crossing‘. Dann wartet die erste kleinere Schleusentreppe mit insgesamt 8 Schleusen auf uns. Ab jetzt wenden wir die ‚Segelboot-Technik‘ an, mit nach hinten auf die Schotwinsch geführter Vorleine. Das vereinfacht die Arbeit ungemein – besonders mit selbstholender Winsch. So hält sich an Bord der Aufwand in Grenzen und es bleibt Zeit, sich um Helene zu kümmern. Zwischendurch jedenfalls. Helene erfreut das Spektakel sichtlich: Einerseits aufregendes Schiessen des Wassers und andere Boote an Deck, andrerseits unter Deck zeitweise Narrenfreiheit. Letzteres nutzt unser ‚Knöpfchen‘ umgehend dazu, die Kanalunterlagen und die Seitenablage neu zu sortieren. An Land kann derweil nach Herzenslust auf den Auslöser der Kamera gedrückt werden – es sind ja nur noch die Leinen über die Ringe zu legen, das war`s. Weiterlesen

Söder Shöpping

Von dem Firr-Platsch-Erlebnis wurde ja bereits ausführlich berichtet. Tatsächlich überstrahlt es ein wenig den Aufenthalt in Söderköping. An unserem zweiten Tag in der Stadt erledigen wir das Auffüllen des Proviants und eine Maschine Wäsche. Darüber hinaus haben wir während der ersten Schleusungen festgestellt, dass uns doch ein paar Fender fehlen. Da diese Kanalfahrt überhaupt nicht eingeplant war, habe ich zwei unserer Fender sogar in Rostock gelassen, um mehr Platz in der Backskiste zu haben. „So viele Fender haben wir noch nie wirklich gebraucht“, war mein Argument. So entscheiden wir uns, zwei neue Kugelfender zu erwerben. Unserem Liegeplatz gegenüber gibt es einen Bootsausrüster mit dem Name ‚Båtbella‘ – ob Bella wohl die Besitzerin ist? Das Geschäft ist jedenfalls hinsichtlich Sortiment und Präsentation bemerkenswert: Eine Promenadenmischung aus Crocs-Laden, maritimem Souvenirshop und Bootsbedarf. Recht bunt durcheinander gewirbelt. Fender und Leinen gehören wahrscheinlich zu den von den durchreisenden Yachten meist benötigten Artikeln und das Angebot ist reichlich. Allerdings sind die Preise dementsprechend happig – für zwei orange dänische Qualitätsprodukte von ‚Danfender’ legen wir fast 100€ hin. Na ja, besser als ein richtiger Schaden am Rumpf.

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