Sahnehäubchen

Ich habe neulich auf einem anderen Segelblog folgende Ausrede gelesen: “Wer nicht viel bloggt, arbeitet viel am Boot.” Gefiel mir spontan. Und damit mir keine Plagiatsvorwürfe die Karriere ruinieren, zitiere ich die Quelle ordentlich: Johannes Erdmann war`s.

Während ich im kalten Winter mit der Elektrik ja bereits eine Großbaustelle erledigt habe, steht derzeit gerade die zweite wirklich große Aktion an: Das Cockpit. An mehreren Stellen sind die Bänke weich getreten, so dass man schon fast Angst hatte, auf dem direkten Weg unsanft in der Schlupfkoje zu landen. Ausserdem ist mal langsam eine optische Verschönerung vonnöten – das haben wir aber selbst verbockt 😉

Vor unserem vierwöchigen Törn ‘Rund Seeland’ im Jahre 2011 wollten wir nicht mit all den unnötigen Anbauteilen im Cockpit segeln. Da hatten sich nämlich sämtliche Voreigner kreativ verewigt. So fanden sich z.B. jede Menge alter Klemmen, eine nicht funktionierende Tisch-Halterung, alte Anschlussbuchsen für den Autopilot usw. usf. Als ich das alles abgebaut und die Löcher verspachtelt hatte, meldete sich kurzfristig doch noch Jochen Lueg von segel-filme.de zum Drehtermin an. Klar, mit lauter hässlichen Flecken im Cockpit wollten wir die ‘EigenArt’ auch nicht ablichten lassen, also zogen wir kurz entschlossen und ziemlich auf Kante genäht noch schnell eine Malaktion durch. Für den Drehtermin sah auch alles noch ganz gut aus, bis auf eine kleine Stelle. Doch einen Tag später kommen wir in richtigen Starkwind (Stichwort: “Musste das denn sein?”), so dass wir uns mit den Seestiefeln im Cockpit verkeilen müssen und nach einer Weile voller Entsetzen feststellen: Bei jedem Tritt hinterlassen wir Spuren in der Farbe! Die hat wohl noch nicht vollständig ausgehärtet. Zu hohe Schichtstärke, Farbe überlagert, schlecht angeschliffen, einfach zu knapp vor der Reise – kurzum selbst verbockt. Dass ich da sowieso wegen der weichgetretenen Duchten ran muss, macht es wenigstens etwas erträglicher. Soweit die Vorgeschichte…

Dass die Duchten weich getreten sind, ist höchstwahrscheinlich einer Delamination des Sandwich-Decks zuzuschreiben. Es löst sich also die Verbindung der ‘Toastscheiben’ mit dem ‘Belag’ dazwischen. Ergebnis: Die Stulle wird labberig. (Na ja, hier hinkt der Vergleich etwas.) Der Plan zur Behebung jedenfalls stammt von Frank Schuberth und wird von mir als ‘Schweizer Käse’-Technik bezeichnet. Alle paar Zentimeter wird ein Loch durch das obere Laminat und den Sandwich-Kern gebohrt, das mit angedicktem Epoxidharz gefüllt und schliesslich durch ein flächiges Laminat abgedeckt wird. Ziel ist es, mit diesen Punkten wieder eine belastbare Verbindung der beiden Schichten zu erreichen.

In den letzten Tagen habe ich also ca. 160 Löcher mit zwei Forstner-Bohrern gesetzt. Wieso zwei Bohrer? Mit dem ersten wird das Decklaminat geschnitten, mit dem zweiten dann nur noch der Schaumkern. Damit hierbei das untere Laminat nicht auch noch zerstört wird, wird der Mitteldorn und der Kranz des zweiten Bohrers auf dem Schleifbock entfernt. Auf den Fotos ist ganz gut zu erkennen, wie sehr die obere Schicht delaminiert war. Stellenweise fehlte richtig das verklebende Harz – vermutlich ein wenig Schlamperei auf der Werft. Lustig war jedenfalls, wie sehr das ganze Sandwich atmete, als ich das erste Loch angebohrt hatte.

Anschliessend müssen die Löcher alle ein wenig trichterförmig angeschliffen werden, damit sich eine gute Verbindung mit dem neu aufzubringenden Flächenlaminat ergibt. Dafür ist es ausserdem notwendig, den gesamten Farbaufbau und auch das Gelcoat abzuziehen, um das neue Laminat direkt auf das Alte legen zu können. Eine unglaubliche Drecksarbeit, weil man das eigentlich nur mit der Schrubbscheibe auf der Flex in halbwegs vernünftiger Zeit hinbekommt. Die Nachbarn in der Bootshalle freuen sich gleich mit…

Heute habe ich dann die Löcher zunächst mit flüssigem Epoxidharz eingestrichen, dann mit Einweg-Sahne-Spritzbeuteln (guter Tip, Schubi!) und angedicktem Epoxidharz verfüllt. Zum Andicken habe ich eine 50/50 Mischung von Mikrohohlkugeln und Baumwollflusen verwendet. Das sah schon ein wenig nach Konditorei aus. Und so hatte ich zwischendurch mehrfach den Gedanken: “Jetzt bloß nicht aus Versehen die ‘Sahne’ von den Fingern lecken!!!” Den Nachmittag über habe ich schliesslich 3-4 Lagen Laminat aufgebracht. Das ging recht zügig von der Hand, da ich den Laminierplan schon vor ein paar Tagen vorbereitet hatte. Morgen vormittag werden noch die überstehenden Reste weggeschnitzt und auf das noch offene Harz gespachtelt. Und dann kommt meine Lieblingsbeschäftigung: “Was haben Yachties und das Militär gemeinsam: SCHLEIFEN! SCHLEIFEN! SCHLEIFEN!”