Von dem Firr-Platsch-Erlebnis wurde ja bereits ausführlich berichtet. Tatsächlich überstrahlt es ein wenig den Aufenthalt in Söderköping. An unserem zweiten Tag in der Stadt erledigen wir das Auffüllen des Proviants und eine Maschine Wäsche. Darüber hinaus haben wir während der ersten Schleusungen festgestellt, dass uns doch ein paar Fender fehlen. Da diese Kanalfahrt überhaupt nicht eingeplant war, habe ich zwei unserer Fender sogar in Rostock gelassen, um mehr Platz in der Backskiste zu haben. „So viele Fender haben wir noch nie wirklich gebraucht“, war mein Argument. So entscheiden wir uns, zwei neue Kugelfender zu erwerben. Unserem Liegeplatz gegenüber gibt es einen Bootsausrüster mit dem Name ‚Båtbella‘ – ob Bella wohl die Besitzerin ist? Das Geschäft ist jedenfalls hinsichtlich Sortiment und Präsentation bemerkenswert: Eine Promenadenmischung aus Crocs-Laden, maritimem Souvenirshop und Bootsbedarf. Recht bunt durcheinander gewirbelt. Fender und Leinen gehören wahrscheinlich zu den von den durchreisenden Yachten meist benötigten Artikeln und das Angebot ist reichlich. Allerdings sind die Preise dementsprechend happig – für zwei orange dänische Qualitätsprodukte von ‚Danfender’ legen wir fast 100€ hin. Na ja, besser als ein richtiger Schaden am Rumpf.
Helene geniesst unseren verlängerten Aufenthalt in der Zivilisation merklich. Erfreute sie sich in der Schärenwelt vor allem an taktil-sensorischem Reizangebot wie Steinchen, Zapfen, Nadeln etc., entdeckt sie jetzt endlich wieder ihr Talent als Langstreckenkrabblerin. Sie legt auf dem gepflasterten Untergrund binnen kurzer Zeit über 50m zurück und lässt sich auch nicht von den Verlockungen am Wegesrand ablenken. Kurz anhalten, schauen und dann schnell weiter. Sehr zum Vergnügen aller Café-, Restaurant- und sonstigen Besucher an der Kanalpromenade. Dann betätigt sie sich als Strassenrandfegerin und sammelt sämtliche Kippenstummel an den Sitzbänken auf. Und dort liegen echt viele! Begleitet vom „Müll. Kippenstummel. Blä!“ des Erziehungsberichtigten. Sehr zur Freude ihres Papas reicht sie sie jedoch sofort weiter zur Entsorgung. Eigentlich hätten wir beide eine Prämie der Stadt verdient. Abgesehen davon zeigt sich Helene unglaublich aufgeschlossen älteren Kindern gegenüber, die manchmal ob ihres unverhohlenen Interesses und Kontaktangebots ein wenig irritiert sind. Am Nachmittag zeigt unsere Tanzmaus ihr komplettes Repertoire, als ein ‚Dorfbumms-Duo‘ (Originalton Lini) mit Gitarre und Keyboard Schlager mit vorher eingespieltem Playback zum Besten gibt.
Dann macht es „Firr-Platsch“ und der damit verbundene Kontextwechsel verhagelt Stimmung und alle weiteren Pläne an diesem Tag. Passend dazu giesst es am nächsten Tag wie aus Eimern. Kanalfahrt bei strömendem Regen klingt nicht so verlockend. Stattdessen wollen wir Helene und uns zwischen den Schauern bei einem Spaziergang zum Aussichtspunkt auf den Klippen lüften. „Petrus, was bitte ist an ‚zwischen den Schauern‘ nicht zu verstehen?“ Während des Aufstiegs warten wir auf einer hölzernen Treppe unter unserem Regenbogenschirm geraume Zeit, bis der Regen nachlässt. Zum Landausflug haben wir nur unsere leichten Regenjacken übergeworfen – Anfängerfehler. Von oben bietet sich ein wirklich guter Blick hinab auf die Stadt. Festgehalten in einigen regenglänzenden und wolkenverhangenen Fotos. Das Wetter bessert sich langsam. Der Aufwärtstrend gipfelt dann in der gefundenen Brille. Dann kommt sogar die Sonne hervor. Dermaßen entspannt ziehen wir noch ein wenig photographierend durch die Stadt. Gönnen uns sogar ein Eis in der Eisdiele mit 30m Warteschlange für einen Sitzplatz. Das steigert die Laune auf Rekordniveau. Wir feiern spät am Abend noch mit Whiskey auf der britischen Hallberg-Rassy ‚Zander‘ die wiedergefundene Brille – sie hatten extra für uns noch einmal verholt, um Platz zum Keschern zu machen. Überhaupt hat das Firr-Platsch-Erlebnis sehr viel Hilfsbereitschaft und Mitgefühl hervorgelockt. Ein älterer Herr bietet sogar an, im Winter auf dem Kanalgrund nach der Brille zu suchen – dann wird nämlich das Wasser komplett abgelassen.