Der Drahtzieher

Der Drahtzieher? Ja, das bin wohl ich. Zumindest in den letzten Tagen, denn der größte Teil der Verkabelung ist nun an Ort und Stelle. Und wie immer: Vorher in der Theorie und hinterher als Resultat sieht das alles so leicht, einfach und schnell zu machen aus. Wie mit fünf Keulen zu jonglieren – sieht auch leicht aus, bis man`s probiert…

Angefangen habe ich mit der Hauptzuleitung zwischen Batterie und Schaltkasten. Also schon einmal zwei Kabel, denn der Batteriewächter benötigt noch eine Messleitung (um den Spannungsabfall auf der belasteten Leitung nicht fälschlich als Tiefentladung zu werten). Dann ist unter der Batterie im Vorschiff ja auch das Echolot – Kabel Nummer drei. Das ist schon ein bisschen sportlich durch das Installationsrohr zu bekommen, stelle ich fest. Mir schwant Übles, denn dummerweise kommt für das letzte Stück auch noch das Kabel der Logge hinzu. Macht vier. Na Klasse, hätte ich doch eine Nummer größer wählen sollen das Rohr – zumindest für diese eine Stelle. So würge ich die ganze Schose doch schon ganz schön durch und bin echt froh, als der Kanal mitsamt Kabeln an seinem Platz ist. Sieht auch gut und aufgeräumt aus. Bloss für eventuelle zukünftige Erweiterungen ist da beim besten Willen kein Platz mehr. Mmmh – suboptimal.

Folgt als nächstes die Zuleitung zur hinteren Positionslampe. Ich verzweifele beim Bohren der Durchbrüche. Irgendetwas klemmt, hakt und beißt andauernd den Bohrer fest. Nach einigem Hin und Her finde ich eine einlaminierte Schraube der Rumpf-Deck-Verbindung. Die war mal richtig gut versteckt. Weiter geht`s: Hatten die praktischen selbstklebenden Kabelbinderplatten auf dem Holz noch gut gehalten, stellt sich das nun auf den lackierten GfK-Flächen als vollkommen illusorisch heraus. Na ja, hatte ich schon irgendwie mit gerechnet. Also kommt Schleifpapier und Pantera zum Einsatz. Das sollte dann aber halten.

Beim Überbordklettern fällt mein Blick durch Zufall auf die Heckleuchte und ich erstarre: Kaum zwei Zentimeter weg vom vergossenen Gehäuse blitzt mich ein blanker Draht an. Direkt am Heckkorb. Das hätte ja im Sommer auch schön ins Auge gehen können. Offensichtlich sind wir da mal mit den Heckleinen an der aussen geführten Zuleitung langgeschrappt. Ich wollte ja schon immer das Kabel durch den Heckkorb ziehen, aber eigentlich mehr aus optischen Gründen. Jetzt bekommt das irgendwie einen anderen Dringlichkeitsgrad! Und führt mich zu meinem liebsten Hobby: In völlig verdrehten Körperhaltungen Edelstahl bohren! Toll! Sensationell! Spitzenklasse! 3 Stunden und gefühlte 20 mal Bohrer nachschleifen später sind zwei Löcher im Heckkorb und das Kabel geflickt. Das stand eigentlich nicht auf der Liste…

Dafür belohnt mich das Schicksal mit zwei relativ unproblematischen Arbeitsabschnitten: Sowohl der Kabelkanal nach vorne zum Ankerkasten für Landstrom und Positionslampen, als auch der Kanal rüber auf die Steuerbordseite für Kompass- und Innenbeleuchtung gehen einfach und flüssig von der Hand. Oder zumindest stolpere ich nur über eigene Doofheit. Man sollte beim Durchziehen von Kabeln vorher darauf achten, ob man auch nichts eingeknotet hat  – habe ich mal gelesen, irgendwann, irgendwo…

Mein heutiges Tageswerk war nun der Schaltkasten selbst. Klingt mal wieder einfach, aber Boote haben leider eine unangenehme Eigenschaft: Sie sind grundsätzlich schief, kurvig und dazu auch noch unsymmetrisch. Jedes noch so einfache Bauteil muss aufwändig einpasst werden – besonders, wenn es seinen Platz zwischen zwei bereits existierenden Teilen finden soll. Sprich, man kann sich an einer Seitenwand, einem Boden und einer klappbaren Front schon mal gut 7 Stunden aufhalten. Vor allem, wenn man die Scharnierleiste nicht einfach vorne draufschrauben will. Und deswegen nach erfolgreichem Anpassen, alles noch einmal um Materialstärke + X verschieben muss. Na ja, hätte ich mir ja auch vorher mal Gedanken drüber machen können 😉

Nun stehen für die nächsten Tage die Montage der Bauelemente in die Front bzw. Seitenwand und dann das Auflegen der Verkabelung an. Und wenn alles fertig ist, gleich wieder auseinanderreißen, damit auch alles mattweiß lackiert werden kann…